Es gibt eine neue Untersuchung, die den Zusammenhang zwischen Lungenmikrobiom und Gehirn in Bezug auf Autoimmunerkrankungen in den Fokus genommen hat. Insbesondere geht es hier um die Multiple Sklerose.
Früher dachte man, die Lunge sei keimfrei. Doch diese Zeiten sind vorbei: Seit längerem schon ist bekannt, dass sich an der Außenfläche der Lunge Teile des Mikrobioms befinden, – wesentlich weniger als beispielsweise im Darm, aber dennoch von Bedeutung.
Wie sich diese Bakterien in Zusammenhang mit einer Erkrankung wie Multiple Sklerose verhalten, das haben Forscher*innen des Instituts für Neuroimmunologie und Multiple Sklerose-Forschung der Universitätsmedizin Göttingen ergründet. Das Ergebnis wurde im Februar dieses Jahres in der Zeitschrift Nature veröffentlicht und ich verlinke Ihnen den Artikel unten.
Kurz zusammengefasst
Die Forschenden haben festgestellt, dass es eine Wechselwirkung zwischen dem Lungenmikrobiom und den Mikrogliazellen des Gehirns gibt. Die Mikroglia sind die Immunzellen des Hirns, die mit ihren feinen Verästelungen das Gewebe nach Entzündungsreizen absuchen.
Wenn eine niedrig dosierte Antibiose gegeben wird, verändert sich die Zusammensetzung des Lungenmikrobioms dahingehend, dass mehr Bakterien aufgebaut werden, die Lipopolysaccharid in ihrer Zellwandstruktur enthalten. Dies hat Auswirkungen auf die Mikroglia: die Ästchen werden kürzer und dicker, sie reagieren weniger auf Entzündungsreize und es kommt zu einer Mikroglia-Lähmung. Diese führt zu einer Autoimmunresistenz.
Umgekehrt ebenso: wird das Lipopolysaccharid weniger, dann führt dies zu einer Verstärkung der Autoimmunerkrankung.
Bereits seit einiger Zeit ist bekannt, dass Infektionen der Lunge und auch das Rauchen die Entstehung einer Multiplen Sklerose fördern können. Der Zusammenhang zwischen Lungenerkrankungen und Autoimmunerkrankung war klar, nur wusste man ihn noch nicht genau zu fassen.
Vielleicht wird es eines Tages spezielle Pro- oder Antibiotika zum gezielten therapeutischen Einsatz bei Multipler Sklerose oder anderen neurologischen Autoimmunerkrankungen geben. Auch wenn der Weg dorthin noch lang und steinig sein wird, sind die ersten Zeichen dafür gesetzt.
Wie das Mikrobiom mit den Organen kommuniziert, das können Sie gerne noch in diesem Artikel lesen:
Und hier finden Sie die deutsche Zusammenfassung des Artikels, der in nature veröffentlicht wurde: